Am Anfang der Corona-Krise standen Ladenschließungen, Angst vor Umsatzeinbußen und die Diskussionen über Mietstundungen für Ladenflächen auf der Tagesordnung. Nach dem großen Schock sprossen die Plattformen und Online-Shops zur Rettung des kleinen Ladens um die Ecke aus dem Boden und „Gewinner“ der Situation waren vor allem die großen Online-Händler. Nach zaghaften Versuchen, die ersten Baumärkte wieder zu eröffnen – vor allem, um den Menschen wenigstens eine Freude zu bescheren: Den Garten auf Vordermann bringen – darf der stationäre Handel jetzt unter strengen Auflagen nachziehen. Zunächst nur kleinere Läden unter 800qm, jetzt jedes Geschäft, dass seine Ladenfläche auf diese Größe downsizen kann. Die Türen sind offen, kommen jetzt die Kunden?

Wir fragen uns: Geht es nach so einer einschneidenden Zeit einfach wieder zurück?

Vor allem, weil das Thema Corona, auch wenn der Schein bei den aktuellen Lockerungen vielleicht trügt, noch längst nicht durch ist: Keine Medikation, Impfstoffe in der ersten Testphase, dafür zum Glück zurückgehende Reproduktionszahlen. Die Verunsicherung bleibt und das schlägt sich auch auf die Konsumfreudigkeit der Deutschen nieder: Laut des Marktforschungsinstituts GfK („Growth from Knowledge“) und dessen Konsumklimaindex war die Lust zu shoppen noch nie so gering. Für Mai soll der Index um 25,7 Punkte auf minus (!) 23,4 Punkte fallen. Das ist ein historischer Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1980. Die Forscher prognostizieren dem Handel eine schwere Rezession.

Irgendwas müssen sich die Geschäfte natürlich einfallen lassen: Offen haben und für Kunden vor Ort sein, ist wahrscheinlich immer noch besser als ganz geschlossen zu bleiben. Aber: Was bedeutet Corona für das Einkaufserlebnis? Der stationäre Handel lebt davon: Schöne Auslagen, Beratung vor Ort und beim Schlendern einfach die Seele baumeln lassen. Wie geht das zusammen mit den strengen Auflagen zu Maskenpflicht, Mindestabstand und Desinfektion in den Läden? Eigentlich gar nicht. Natürlich weisen viele bei der Wiedereröffnung darauf hin, dass sie all die Maßnahmen zur Sicherheit einhalten und sich freuen, den Kunden wieder persönlich zu begegnen, aber die Frage bleibt: Habe ich Lust mit Mundschutz durch die Läden zu schlendern oder hole ich mir vielleicht nur schnell das, was ich brauche? Denkt jeder mal an seinen letzten Supermarktbesuch, wird klar, was ich meine: Schnell rein, alles zusammenpacken, Leuten im Gang auf dem Weg zur Kasse ausweichen und wieder raus. Allein danach fühlt man sich wie nach einem Halbmarathon im Hochsommer.

Corona wird Menschen und ihr Verhalten nachhaltig verändern

Ich glaube der wichtigste Schritt ist anzuerkennen, dass es zweifelsohne für lange Zeit nicht mehr so sein wird wie vor Corona. Die Erfahrungen der letzten Woche werden uns nachhaltig prägen:

  • Wir sehen es beim Zahlungsverhalten: Vor Corona war Bargeld des Deutschen liebstes Zahlungsmittel, jetzt haben zuletzt 65 Prozent der Deutschen kontaktlos bezahlt.[1]
  • Online gewinnt: Auch wenn die generelle Lust einzukaufen, stark gesunken ist, steigen die Zahlen der überwiegenden Online-Einkäufer an.[2]
  • In der Not zeigt sich, was man wirklich braucht: Allen voran natürlich Klopapier! Nein, kleiner Scherz. Aber wir sehen jetzt bereits, dass Menschen anders einkaufen. Der „schnelle“ Kauf ist derzeit nicht angesagt. Spannend wird zu sehen, ob wir nach Corona den großen Shopping-Rausch erleben oder uns doch zweimal überlegen: Brauche ich das Teil jetzt wirklich?

Doch was können Einzelhändler tun?

Sicherheit ist natürlich das oberste Bedürfnis der Kunden derzeit. Demnach machen viele Geschäfte schon einiges richtig: Über Sicherheitsmaßnahmen aufklären und sicherstellen, dass die Maßnahmen auch im Geschäft eingehalten werden. Trotzdem ist es auch wichtig, die Menschen auf der emotionalen Ebene abzuholen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen:

  • Transparent sein und keine heile Welt vorspielen: Wichtiger denn je ist derzeit Transparenz: Das erwarten nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Kunden. Wir müssen sie dort abholen, wo sie sich befinden und ehrlich zu ihnen und uns selbst sein: Wir wissen wahrscheinlich auch nicht, wie es langfristig weitergeht, das Einkaufserlebnis ist ein anderes und wir alle tun unser Bestes. Besser regelmäßig, kleinere Updates kommunizieren, die man vielleicht auch wieder revidieren muss, als abzuwarten.
  • Empathie zeigen: Ein guter Service gehört natürlich auch im Normalbetrieb dazu, aber besonders jetzt in der aktuellen Situation müssen Mitarbeiter auch besonders geschult werden, mit Kunden zu kommunizieren: „Wir sind für Sie da“ darf keine leere Worthülse sein. Jetzt auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingehen, ihnen ein offenes Ohr schenken, Hilfe anbieten und im Falle des Falles vielleicht auch mal kulanter sein als sonst, bringt große Pluspunkte und schafft Vertrauen. Das gilt nicht nur für die Mitarbeiter im Laden, sondern auch für alle anderen Kommunikationskanäle – vom Kundenservice bis hin zu Social Media.
  • Stichwort Social Media: Viele Menschen verbringen die meiste Zeit zu Hause. Klar, dass die Social Media-Zahlen durch die Decke gehen. Das sollten Unternehmen nutzen, auch um Updates aus den einzelnen Filialen oder ihren Geschäften zu posten. Denn wenn ich schon mal vorher abchecken kann, was mich erwartet, fällt es mir vielleicht auch leichter, vorbeizukommen. Außerdem ganz wichtig: Sein Unternehmen wieder ins Gedächtnis rufen. Wer nicht kommuniziert, existiert nicht. Was ihr bei der Kommunikation beachten solltet, erfahrt ihr hier.
  • Alles steht und fällt mit den Mitarbeitern: Das wird in dieser Zeit besonders klar. Auch, dass wir in der Vergangenheit viele Berufsgruppen für zu selbstverständlich hielten und weniger oft unseren Dank ausgesprochen haben als wir es hätten tun sollen. Das greifen bereits auch viele Einzelhändler in ihrer Kommunikation auf. Und das ist verdammt nochmal zentral in jeder Hinsicht: Denn auch Mitarbeiter – seien sie noch so stolz darauf, „systemrelevant“ zu sein – kommen mit Verunsicherung und sogar vielleicht Angst zur Arbeit. Eine transparente und wertschätzende Kommunikation nach innen ist also genau so wichtig wie nach außen, um Mitarbeitern und Kunden ein gutes Gefühl zu geben.