Interview mit Tobias Bindhammer: Die Kunst der Moderation

Bei guten Präsentationen, stellt sich oft die Frage: Was macht einen überzeugenden Redner aus? Wie gelingt es, vor einem großen Publikum zu sprechen, als wäre es das Natürlichste der Welt? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, haben wir Tobias Bindhammer, KI-Workshop-Leiter und Senior PR-Berater bei rlvnt, befragt. Tobias teilt mit uns wertvolle Einblicke, wie man die Kunst der Moderation meistert.

Tobias, du hast eine beeindruckende Erfahrung darin, vor vielen Menschen zu sprechen. Was ist das Geheimnis, um das Publikum zu fesseln?

Tobias Bindhammer: Natürlich ist eine gute Vorbereitung wichtig. Du musst dein Thema beherrschen und dich auf mögliche Fragen vorbereiten. Es hilft, die Perspektive des Publikums einzunehmen. In meinen Vorträgen und Workshops selbst versuche ich eine Verbindung zu den Workshopsteilnehmenden oder Gästen herzustellen. Das gelingt durch Interaktion, Rückfragen und – wer sich traut – auch über Humor. Hinzu kommt Selbstbewusstsein. Und der Rest ist Erfahrung. Inzwischen kann ich mein Publikum sehr gut einschätzen, welche Fragen oder welche humorvollen Einlagen gut funktionieren. Aber das braucht Zeit und am Anfang fällt man vielleicht auch mal auf die Nase. Aber auch dadurch lernt man.

Was bedeutet Selbstbewusstsein in diesem Kontext für Dich?

Tobias Bindhammer: Oft wird Selbstbewusstsein gleichgesetzt mit extrovertiertem Verhalten. Das stimmt nicht. Im Moderationskontext bedeutet es, dass ich mir der Wirkung meiner Worte, meiner Stimme oder auch meiner Körpersprache und auch dem Präsentationsdesign bewusst bin. Wie stehe ich? Wie ist meine Melodie in der Stimme? Habe ich Bilder in der Präsentation, die in dem jeweiligen Personenkreis anders wirken als sonst? Das spielt eine wesentliche Rolle und das kann man auch, wenn man eher introvertiert ist.

Am Ende ist es aber auch eine Typ-Frage. Nicht jede und jeder wird vor einem großen Publikum sprechen können und wollen. Das muss man auch nicht. Aber wenn dann sind eine gute Vorbereitung, Selbstbewusstsein und Spaß die Grundlage für eine gute Moderation.

Wann hast du damit begonnen vor einem großen Publikum zu sprechen?

Tobias Bindhammer:  Ich habe schon in meiner Jugend begonnen vor einem großen Publikum zu sprechen. Auch in der Schulzeit habe ich Referate geliebt. Danach habe ich in der ehrenamtlichen Jugendarbeit Vorträge und Schulungen gehalten. Je mehr Menschen, desto besser. Tatsächlich fällt es mir leichter vor 100 Menschen zu sprechen, als vor fünf Personen.

Während des Studiums habe ich zudem Theater gespielt, wodurch ich verschiedene Atem- und Sprechtechniken kennengelernt habe, die ich heute noch vor jedem Workshop anwende. Auch zum Thema Bühnenpräsenz konnte ich viel wertvolles für die Arbeit adaptieren. Und wenn ich eines beim Theater gelernt habe, dann, dass es nicht nur auf den Inhalt ankommt. Du kannst einen inhaltlich perfekten Vortrag haben, aber wenn deine Performance nicht stimmt, wird sich keiner an dich und an das Gesagte erinnern.

Wie gehst du mit Nervosität um?

Tobias Bindhammer:  Ich bin inzwischen eigentlich gar nicht mehr aufgeregt. Das liegt aber auch daran, dass ich innerhalb von drei Monaten über 20 Workshops geleitet habe zusätzlich zu Vorträgen und Impulsen. Das war früher aber anders. Nervosität schlägt mir immer auf den Magen. Man muss sich immer fragen, warum man nun nervös ist. Wovor hat man Angst? Und dann kann ich mir überlegen, was ich dagegen tun kann. Habe ich Sorge vor einen Blackout? Karteikarten. Habe ich Angst, dass ich mich verspreche? Stimmübungen. Habe ich Angst, dass mich danach alle komisch finden? Dann sollte ich überlegen, warum ich diesen irrationalen Gedanken habe. Und wenn alles nicht hilft, muss man manchmal mutig sein und sich selbst ins kalte Wasser schmeißen.

Wie gehst du mit der Herausforderung um, die Aufmerksamkeit des Publikums zu halten?

Tobias Bindhammer: Ich versuche mich immer mit dem Publikum zu verbinden. Wie und welche Emotionen wecke ich? Ich versuche, Humor einzubauen. Ich recherchiere nach regionalen Anekdoten oder auch Branchenthemen. Wenn das Publikum darauf reagiert, gewinne ich zudem einen Moment, um meine Gedanke zu sortieren. Aber jede Form von Interaktion bringt dich ans Ziel.

Gab es eine besondere Herausforderung oder einen Wendepunkt für dich in deiner Erfahrung als Redner?

Tobias Bindhammer: Die größte Herausforderung war unser Auftritt beim PR Report Camp. Dort haben wir über einen halben Tag das sogenannte KI-Lab aufgebaut, bei dem sich Besucher:innen zum Thema Künstliche Intelligenz aufschlauen konnten. Es gab eine Fishbowl zu ethischen Themen, einen Info-Mark, eine Station zur Demonstration von Multimedia Tools und eine Chat GPT Insel. An letzterer gab es die Möglichkeit das Tool auszuprobieren mit Live-Moderation zu Tipps und Tricks zum Bereich Prompting. Das war mein Platz. Es galt also alle Personen abzuholen. Egal, wie lange sie bereits an der Station stehen. Egal, welches Vorwissen sie haben. Egal, ob jemand neu dazukommt. Es galt, einen Weg zu finden, alle mitzunehmen, ohne ständig von vorne anzufangen. Diese Situation hat mich viel über Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in der Moderation gelehrt. Es ist eine Kunst, in diesen Situationen nicht den roten Faden zu verlieren.

Hast du einen Tipp für alle, die sich selbst an das Thema Moderation heranwagen?

Tobias Bindhammer: Je mehr du sprichst, desto sicherer wirst du. Zudem ist jede Moderation eine Gelegenheit, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und sich weiterzuentwickeln. Wenn ich KI-Workshops leite, stecke ich zur selben Zeit in vier unterschiedlichen Rollen. Ich bin einmal der Mensch Tobias, mit meinen Überzeugungen und meiner Lebenswirklichkeit. Und dann ist das noch der PR-Experte und der KI-Experte und schließlich noch der Lehrer oder Trainer. Und wann immer ich einen neuen Workshop oder eine Präsentation halte, lerne ich viel Neues über mindestens eine dieser Rollen kennen. Wenn man sich dessen bewusst ist, kann man sich viel besser reflektieren und seine Skills ausbauen.

Hast du abschließend noch einen Gedanken, den du teilen möchtest?

Tobias Bindhammer: Ein klassischer Ratschlag ist es, sich das Publikum nackt vorzustellen oder nur auf die Stirn zu schauen. Das funktioniert nicht.