rlvnt-Insights: Was mache ich im Krisenfall?

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Wir wollen mit euch unsere spannenden Insights zum Thema Krisenkommunikation und Krisenmanagement teilen.

Man könnte auch Insights zu den Insights sagen! Wir teilen im Team unser Wissen miteinander, um aus den Expertisen der anderen zu lernen. Diesmal: die Themen Krisenmanagement und Krisenkommunikation.

Erste Lektion: Die größte Hürde an einer Krise? Den Krisenfall erkennen und ausrufen! Denn ab wann sprechen wir von einer Krise? Ist jede Krise auch eine Kommunikationskrise? Zweite Lektion: Nein, aber jede Krise hat auch einen kommunikativen Aspekt. Aber wer ist eigentlich zuständig und gibt es allgemeine Formulierungen in einem Krisenkonzept? Wann kommen Berater*innen ins Spiel? Antworten zu diesen und weiteren Fragen aus unserem Insight mit Matthias geben wir euch brühwarm weiter! You are welcome!

Krise, Notfall oder vielleicht doch eher ein Issue?

Wann sprechen wir denn nun von einer Krise? Einfach gesagt: Wenn Leib und Leben in Gefahr sind. Davon spricht man, wenn beispielsweise ein Produkt vergiftet ist. Eine Krise kann aber auch ausgerufen werden, wenn die Existenz des eigenen Unternehmens in Gefahr ist. Auch wenn das auslösende Moment in der Vergangenheit liegt, das eigentliche Problem bei einer Krise liegt in der Zukunft. Aber Achtung: eine schlechte Kommunikation bzw. ein falsches Verhalten gegenüber den Medien kann schnell nach hinten losgehen. So ist vor einigen Jahren auch im Zoo Hannover eine „unangemessene erste Reaktion“ zum Gegenstand einer Krise geworden.

Ein Notfall spielt in der Vergangenheit und hat mit der Zukunft eigentlich nicht mehr viel zu tun. Beispielsweise, wenn in einem Unternehmen ein/e Mitarbeiter*innen bei einem Arbeitsunfall stirbt. Das sind tragische Neuigkeiten, allerdings erfordert solch eine Situation nicht die Einberufung eines Krisenstabs. Für solche Fälle gibt es festgelegte, zum Teil auch gesetzliche Vorgaben.

Doch was ist eigentlich ein Issue? Und wann wird dieses zu einer Krise? Beispiel Unilever mit der Marke Dove: Die Verwendung von Aluminium im Deodorant ist ein Issue gewesen. Der Markt hat sich in Richtung mehr Natürlichkeit entwickelt. Medien kritisierten die Verwendung von Aluminiumsalzen. Dove hat dies als Chance genutzt und sich dem Markt angepasst.

Lektion drei: Man sollte Nachrichten im Überblick behalten und schauen, welche Themen auf das eigene Unternehmen zutreffen und zum potenziellen Issue werden könnten. Man kann dadurch ein Issue frühzeitig erkennen und sogar als Chance nutzen.

Im Jahr 2017 waren wir für die Krisenkommunikation vom Zoo Hannover zuständig. Was war die Ausgangslage? PEtA hatte dem Zoo Hannover vorgeworfen, die Elefanten mit einem so genannten „Elefantenhaken“ zu misshandeln. Zu dieser Zeit konnte man noch von einem Issue sprechen. Doch eine missglückte Stellungnahme vor laufender Kamera hat dazu geführt, dass daraus eine Krise wurde. Warum? In den Medien und auf sozialen Netzwerken wurde das Thema überall aufgegriffen und stark diskutiert. Innerhalb eines Tages waren etwa die Facebook-Bewertungen rapide abgestürzt. Ein klarer Fall: Jetzt geht es um das Ansehen des Zoos, seiner Mitarbeiter*innen und natürlich auch der Tiere.

Die erste Reaktion in einem Krisenfall entscheidet den Verlauf der Krise!

Lektion vier: Die erste Reaktion auf eine Krise entscheidet häufig über den weiteren Verlauf. Oft ist es so, dass nur zugegeben wird, was den Medien schon bekannt ist. Das kann sich negativ auswirken, wenn beispielsweise weitere Informationen durch Whistleblower an die Medien gelangen. Man sollte sich dementsprechend möglichst schnell einen Überblick darüber verschaffen, was schon bekannt ist und was auf einen zukommen könnte. Und darin liegt meistens die größte Herausforderung.

Eine erste Meldung an die Medien sollte sein: „Das ist passiert, das wissen wir aktuell, das untersuchen wir gerade, wir melden uns, wenn wir mehr wissen. “ 

Hierbei handelt es sich nicht um ein Geständnis an die Medien. Vielmehr ist es eine Handlung, die weiteren Peaks und Erregungsanlässen vorbeugen kann. Warum nicht direkt zugeben oder entschuldigen? Insofern wir nicht über alles relevante Wissen zu dem Fall verfügen, sollten wir nicht darüber urteilen und voreilig handeln. Das kann sogar ernste juristische Folgen haben. Sind die Facts gesichert, sollte man schnellstmöglich öffentlich Stellung beziehen. Salami-Taktik war gestern! Transparenz ist King!

Krisenstab – Wer entscheidet?

Krisenstab? In vielen Köpfen eine Runde von älteren Männern in schlecht sitzenden Anzügen in Konferenzräumen dieser Welt. Wozu braucht man den? Im Krisenfall passiert auf einmal alles plötzlich ganz schnell. Hier ist es wichtig, zumindest die Strukturen und Verantwortlichkeiten vorab so klar zu definieren wie möglich. Denn im Ernstfall möchte man keine Zeit darauf verschwenden, wer überhaupt zuständig ist. Zweitens sind von einer Krise immer verschiedene Abteilungen innerhalb einer Organisation betroffen oder zumindest involviert. Häufig arbeiten diese im Alltag auch gar nicht so eng zusammen. Umso wichtiger, dass im Fall des Falles alles klar ist: Der Krisenstab bewahrt die Organisation vor der Schockstarre und erhält die Handlungsfähigkeit. Deshalb ist auch wichtig: Er sollte so klein wie möglich gehalten werden. Bekanntlich verderben ja auch viele Köche den Brei… Doch wie ist so ein Krisenstab aufgebaut?

  • Es gibt den/die Leiter*in des Krisenstabs: Meist ist er/sie in einer führenden Position tätig, hat eine gute Organisationsfähigkeit, Moderationskenntnisse, eine starke Entscheidungsfreude und eine hohe Akzeptanz innerhalb der Organisation.
  • Der/die Leiter*in der Krisenkommunikation ist dafür zuständig, Medienanfragen zu organisieren und zu koordinieren.
  • In vielen Fragen darf die Rechtsabteilung nicht fehlen. Denn viele Entscheidungen und Handlungen haben juristische Konsequenzen. Deshalb hat Legal ebenfalls seinen Platz im Krisenstab.
  • Nachverfolgung ist elementar: Im Krisenfall und auch danach müssen alle Beteiligten feststellen können, wann welche Informationen vorlagen und welche Entscheidungen getroffen wurden. Deshalb ist ein zentrales Protokoll unbedingt nötig: Meist übernimmt dies eine Assistenz im Unternehmen, denn die haben den Überblick von der Seitenlinie!
  • Ebenfalls sind Vertreter*innen und Stellvertreter*innen aus den betroffenen Bereichen des Unternehmens mit am Tisch des Krisenstabs.
Externe PR-Beratung im Krisenfall? Auf jeden Fall sinnvoll!

So einfach und stringent, wie es in vielen Handbüchern dargestellt ist, läuft das Krisenmanagement in Unternehmen nicht ab. Für solche Fälle holen sich Unternehmen gern externe Berater*innen ins Haus. Wieso auch nicht? Sie haben den objektiven Blick von außen und behalten einen kühlen Kopf, wenn alle anderen schon im roten Bereich drehen. Doch was sollten Berater*innen in so einer Situation mitbringen? Sie sollten schnell und flexibel, aber auch mit Weitblick und Klarheit agieren können. Nur auf die Hard Facts schauen ist dabei keine Lösung, vielmehr sollten Berater*innen auch ein Gespür für die menschliche Facette einer Krise haben. Immerhin bedeutet Krise auch einen emotionalen Ausnahmezustand bei den Beteiligten. Das bedeutet, die langfristige Entwicklung im Blick behalten, aber auch kurzfristig Sicherheit und Klarheit in die Situation bringen.

Sollte man sich auf alle Eventualitäten mit vorformulierten Antworten vorbereiten? Ja und nein. Es gibt Unternehmen, die Krisenkonzepte mit vorgefertigten Antworten oder Social Media Posts haben wollen, das ist aber eher die Ausnahme. Wichtig ist jedoch, eine Strategie zu haben, in welcher auch die Verantwortlichkeit und die Definition einer Krise für das jeweilige Unternehmen steht. Denn in einem Krisenfall ist es wichtig, schnell zu handeln und eine Strategie wirkt dem voraus und lässt die vielleicht schlimmste Frage nicht offen: „Wer ist denn jetzt eigentlich zuständig?“

Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende?

Und wann ist die Krise beendet? Wenn die Situation emotional runtergekommen ist – beispielsweise die Kommentare unter Social-Media-Posts statt wütenden Emojis wieder Herzchen regnen lassen. Oder die ermittelnde Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hat – so wie im Fall Zoo Hannover. Die ganze Geschichte rundum den Zoo Hannover lest hier nach.