Kennzeichnung von Lebensmitteln: Miteinander reden, nicht nur übereinander

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Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner beendet eine viele Jahre andauernde Lobbyschlacht: Mit Nutri-Score wird es auch in Deutschland eine farbliche Kennzeichnung für die Ernährungsqualität von Lebensmitteln geben. Die fehlende Dialogbereitschaft der verschiedenen Stakeholder im Lebensmittel- und Ernährungsbereich wirft auch ein schlechtes Licht auf uns Kommunikationsverantwortliche. Tragen wir zu Lösungen bei oder verhindern wir diese? Mit unserer Agentur rlvnt wollen wir uns der Verantwortung stellen.

Die letzte Bastion des Widerstands gegen eine sinnvolle und verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Lebensmitteln ist gefallen: Nachdem eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ergeben hat, dass der „Nutri-Score“ bei Verbrauchern im Vergleich zu anderen Systemen am besten ankommt, hat Bundesministerin Julia Klöckner angekündigt, den Nutri-Score auch in Deutschland als offizielle Kennzeichnung der Ernährungsqualität von Lebensmitteln anzuerkennen.

Der seit vielen Jahren dauernde Kampf um das beste System (Ampel, Schlüsselloch oder doch besser Tonnen?) ist ein trauriges Beispiel für die fehlende Bereitschaft der verschiedenen Stakeholder im Ernährungsbereich, konstruktiv und gemeinsam an vernünftigen Lösungen für die vielen drängenden Fragen zu arbeiten. Selbst, als sich große Lebensmittelhersteller wie Danone, Iglo und Nestlé längst zu Nutri-Score bekannt hatten, verteidigte der Verband der Lebensmittelwirtschaft mit allen Kräften sein eigenes System – das nun wie erwartet beim Verbrauchertest durchgefallen ist.

Zusammenarbeit ist aber dringend notwendig: Rund acht Milliarden Menschen leben mittlerweile auf unserem Planeten. Sie alle haben den Anspruch und das Recht, sich ausreichend und gut zu ernähren. Mit der Lebensmittelproduktion verbunden sind fast sämtliche Schicksalsfragen, mit denen wir uns heute beschäftigen: Klimawandel, Gesundheit, Abholzung der Regenwälder, Vermüllung der Meere, Arbeitsbedingungen, Tierwohl – um nur einige zu nennen. Zu vielschichtig, zu komplex zu sehr miteinander verwoben sind die damit verbundenen Probleme, als dass sie eine Partei alleine lösen könnte. Wir schaffen das nur gemeinsam, doch hierfür braucht es zuallererst die Bereitschaft, miteinander zu reden und nicht nur übereinander.

Die Art und Weise, wie Diskussionen geführt und Positionen verteidigt werden, beweist, dass einige Akteure die Dringlichkeit nicht verstanden haben. Erfolg von Lobbyarbeit bedeutet in diesem Zusammenhang eben nicht, sich einen maximalen Handlungsspielraum zu erhalten, sondern den eigenen Erfolg durch gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern.

„Es geht nicht darum, sich einen maximalen Handlungsspielraum zu erhalten, sondern geschäftlichen Erfolg durch gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern.“

Als Kommunikationsprofis, egal ob in Unternehmen oder Agenturen, müssen wir uns selbstkritisch fragen, welche Verantwortung wir in diesem Zusammenhang tragen. Eine Diskussion, die wir sehr intensiv und sehr kontrovers hier bei rlvnt geführt haben. Mit einem klaren Ergebnis und einem Entschluss.

Wir sehen uns als Kommunikationsprofis und -berater in der Verantwortung, aktiv an der Beantwortung unserer existenziellen Fragen mitzuarbeiten, nicht diese zu behindern. Veränderung braucht Kommunikation, und unsere Aufgabe ist es, unseren Kunden zu helfen, die wichtigen Themen und Fragen zu erkennen, selbst den Anstoß zu notwendigen Veränderungen zu geben und den Dialog mit allen relevanten Stakeholdern zu fördern. So unterstützen wir den langfristigen Erfolg unserer Kunden.

Wir sind froh, dass wir als Agentur die Einführung von Nutri-Score in Deutschland begleiten durften. Das Mandat haben wir damals angenommen, weil wir selbst davon überzeugt waren, dass mit diesem System eine tatsächliche Veränderung im Verbraucherverhalten gelingen kann. Und wir waren überzeugt davon (und sind auch bestätigt worden), dass es mit Nutri-Score gelingen kann, wesentliche Akteure an einen Tisch zu bekommen. Eine Premiere im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung und hoffentlich gutes Beispiel für die vielen Themen, die noch vor uns liegen.

Als Kommunikationsberater sollten wir nicht nur darüber nachdenken, was „Haltung“ und „Sinn“ für unsere Kunden bedeuten. Das gleiche gilt für uns selbst. Wir haben die Antwort bei rlvnt für uns gefunden.

Über den Autor:

Matthias hat zusammen mit seiner Frau Katharina vor fünf Jahren die PR-Agentur und strategische Kommunikationsberatung rlvnt in Hannover gegründet. Ein Schwerpunkt liegt in der strategischen Beratung und kreativen Begleitung globaler und regionaler Unternehmen aus dem Lebensmittel- und Ernährungsbereich. Erfahrung hat Matthias in diesem Segment unter anderem als Kommunikationschef von McDonald’s Deutschland und Geschäftsleitungsmitglied von Danone gesammelt.