Wenn wir von Flexitarierern oder “Teilzeit-Vegetariern“ reden, meinen wir Menschen, die sich eigentlich „normal“ von Gemüse, Fisch und eben auch Fleisch ernähren, letzteres aber in reduzierter Form. Das heißt sie essen überwiegend Gemüse und Co., wollen aber nicht ganz auf Fleisch verzichten. Im Prinzip könnte man sagen: Viele Menschen sind eigentlich Flexitarier, wissen es aber schlichtweg nicht.

Doch aus dem Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Forst und Landwirtschaft geht hervor: Über die Hälfte der Befragten (55 %) bezeichnen sich als Flexitarier, also Fleischesser, die gelegentlich bewusst auf Fleisch verzichten. Oft auch als “Schönwetter-Vegetarier” bezeichnet, stehen Flexitarier aufgrund dieser „Unentschlosenheit“ oft unter Beschuss: Für die Fleischesser essen sie irgendwie zu wenig für die Vegetarier noch zu viel Fleisch.

Und warum ist das jetzt wichtig? Haben wir nicht schon genug Chaos unter den Ernährungsrichtungen?

Das Interessante an Flexitariern ist nicht (nur), dass sie laut Ernährungsreport bis zu dreimal die Woche aktiv auf Fleisch verzichten, sondern was sie tun, wenn sie Fleisch konsumieren: Sie achten häufiger auf Qualität, Herkunft und Haltungsbedingungen: Denn so undefiniert der Begriff „Flexitarier“ ist, so vielfältig sind die Motive: Gesundheit, Tierwohl, Klima, Ethik, Religion oder auch einfach Genuss spielen beim Essen eine große Rolle. Flexitarierer wissen also eigentlich sehr genau, warum sie was essen und beschäftigen sich mit ihrer Ernährung und deren Folgen. Sie sind weniger wankelmütig als viele denken und werden damit als Zielgruppe zur absoluten Chance. Denn die Gruppe wächst rasant im Vergleich zu Vegetariern oder Veganern. Zu diesen Gruppen zählen sich gut sieben Prozent der Deutschen.

Doch was ergibt sich daraus für die Kommunikation? Flexitarier brauchen Produktkommunikation mit Tiefgang.

Informationen über ihr Essen sind Flexitariern sehr wichtig: Sie wollen wissen, was sie essen und was es mit ihnen und ihrer Umwelt macht.

Transparenz über das, was drin ist und wo es herkommt. Denn eins ist auch klar: Flexitarier möchten den Überblick behalten und verzichten häufig auch deshalb nicht auf Fleisch, weil in Ersatzprodukten die Zutatenliste oft ellenlang ist. Bei Fleisch weiß man – zumindest ernährungsphysiologisch – was man bekommt: Fleisch.

Keine allgemeinen Plattitüden in der Kommunikation, denn die kommen bei Flexitariern überhaupt nicht an: Weder im einen noch im anderen Extrem. Botschaften müssen authentisch, nachvollziehbar und klar sein. Gemeint ist: Weder „Fleisch ist mein Gemüse!“ noch „Tierhaltung ist Mord!“ sind Botschaften, von denen sich Flexitarier angesprochen fühlen. Das macht sie manchmal schwierig zu greifen, aber genau darin liegt auch die Chance: Von guter Kommunikation mit Tiefgang lassen sie sich mitreißen – unabhängig von ideologischen Botschaften.

Mit Konsum gehen Werte einher, die Flexitarieren sehr wichtig sind. Das heißt, um Flexitarier anzusprechen, müssen sich die Werte des Unternehmens auch in der (Produkt-)Kommunikation wiederfinden. Das fordert mitunter auch Mut. Dabei sollte man sich als Unternehmen immer fragen: Wofür will ich stehen und wofür kann ich stehen? Denn es ist nichts schlimmer als Konsumenten ein falsches Bild zu vermitteln oder sich zu verbiegen, um zu gefallen. Kurzfristig mag das Absatz steigern, langfristig wirkt die Kommunikation aber unglaubwürdig und bedeutet einen enormen Imageschaden.

Kurzum: Manchmal bedeutet seine Überzeugungen zu kommunizieren, auch nicht jedem zu gefallen. Dafür wird man zur glaubwürdigen Marke mit treuen (und überzeugten) Fans.

Das gute Gefühl, den Unterschied zu machen, ist für Flexitarier wichtig. Denn auch wenn sie sich nicht klar einem „Ernährungslager“ zuordnen lassen wollen, ist es für sie persönlich dennoch wichtig „das Richtige“ zu tun – und sei es auch in kleinen Schritten. Denn klar ist auch: Ganz auf Fleisch verzichten wollen Flexitarier nicht. Für die Kommunikation ist es also wichtig, dieses gute Gefühl, unterlegt mit Fakten, zu vermitteln. Transparenz, Werte und zuletzt auch die Wertschätzung für Lebensmittel sowie deren Herstellung sind dabei wichtige Faktoren, die sich in der Kommunikation wiederfinden müssen.

Text: Juliane Gerstenberg