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So wie mir geht es wahrscheinlich so manchem in diesen Tagen: Einmal installiert, schlummerte die App von Periscope zunächst recht wenig beachtet auf dem iPhone. Bis ich auf Twitter eine Nachricht von BILD Chefreporter Daniel Cremer erhielt, dass er live via Periscope vom Parkplatz der SAP-Arena in Mannheim berichtet, dort, wo wenige Minuten zuvor das Finale von Germany’s Next Topmodel wegen einer Bombendrohung abgebrochen worden war.

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Seitdem fasziniert mich das neue Live-Videonetzwerk von Twitter: Ich ließ mir von fischerAppelt Vorstand Frank Behrendt (mein persönlicher Periscope-Tipp!) die Vorzüge des Kunstrasens in seinem Garten erklären und konnte BILD Chefredakteur Kai Diekmann beim joggen durch Potsdam beobachten. War lustig. Spannend fand ich’s, als Diekmann gestern live aus der BILD Redaktion von der Auswahl des Fotos des Tages berichtete und dabei die Auswahl mit den Teilnehmern des Streams diskutierte. Imre Grimm, verantwortlicher Redakteur beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) der Madsack-Gruppe, nahm mich live mit nach Wien zur Generalprobe von Ann Sophie. Auch er reagierte auf die Kommentare der Teilnehmer, die Kamera in die eine oder andere Richtung zu schwenken.

Wer es ausprobiert, spürt schnell das unglaubliche Potenzial, das in Periscope steckt. Und es gibt gute Gründe, warum professionelle Kommunikatoren sich schleunigst mit Diensten wie Periscope beschäftigen sollten:

1. Emotionen! Periscope ist live und unmittelbar

Der Videostream transportiert Bilder und Töne in Echtzeit. Man hat die Chance, live dabei zu sein, vor allem auch die Emotionen des Moments einzufangen. Das hat viel mehr Wirkung als das Foto oder der kurze Text via Twitter.

2. Kommunikation wird authentisch

Hier gibt es kein Verstellen oder Korrigieren: Was gesagt wird, wird gesagt. Und die Fragen, die von Teilnehmern gestellt werden, können nicht gefiltert werden. Reizvoll. Spannend. Authentisch. Und wenn in Kai Diekmanns Stream aus der BILD Redaktion versehentlich der Aufmacher vom kommenden Tag zu lesen ist, dann ist das eben so.

3. Aus Beobachtern werden Teilnehmer

Durch die Möglichkeit zur parallelen Interaktion per Textchat können die Teilnehmer interagieren und eingreifen. Sie werden damit zum Teil des Geschehens vor Ort. Gar nicht auszudenken, welche Blüten das womöglich in Zukunft treiben wird…

Die bereits aufkeimende Diskussion, ob es sich bei dem ganzen Spuk nicht in Wahrheit um unerlaubte Rundfunkübertragungen handelt, zeigt mir, wie wenig wir in den Gesetzbüchern und in unseren Köpfen auf die neuen Medien eingestellt sind.

Nicht nur für Medien, auch für die professionelle Kommunikation von Unternehmen bietet Live-Videostreaming via Periscope ganz neue Möglichkeiten. Das liegt auf der Hand. Einblicke geben, zeigen, dass man – auch im Krisenfall – nichts zu verbergen hat, seinen Fans und Kunden die Möglichkeit geben, Einfluss zu nehmen, Emotionen spürbar werden lassen. Auch hier gelten übrigens dieselben Spielregeln wir für alle anderen Social Media Kanäle: Es geht um relevante Inhalte. Nur zu oft hat mein Smartphone in den vergangenen Tagen gemeldet, dass gerade wieder ein Livestream läuft. Und meistens hab ich’s ignoriert.

Je mehr ich über den vermeintlichen Segen von Content Marketing und Content Strategy für Marketing und PR lese, desto mehr wundere ich mich, dass es wieder einmal einzig um die Frage des “Wie” zu gehen scheint, in den seltensten Fällen aber um die Frage des “Warum”.

Wir werden überflutet von guten Ratschlägen, wie sich durch geschicktes Storytelling die größte Reichweite, die höchste Interaktionsrate etc. generieren lässt. Für die obligatorischen Top 10-Ratschläge Listen scheint es ein dankbares Thema zu sein.

Da stelle ich mir die Frage: Hat denn niemand etwas daraus gelernt, warum Digital Marketing die Erwartungen von Werbungtreibenden und Agenturen so enttäuscht hat?

Social Media ist kein Selbstzweck oder Wert für ein Unternehmen an sich. Letztendlich ist es Sammelbegriffe für eine Reihe sehr spezifischer, internetbasierter Kommunikations- und Dialogplattformen, für die spezielle Kommunikationsregeln gelten, die aber auch einen sehr individuellen und spezifischen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung einer Kommunikationsstrategie leisten können – oder auch nicht. Ich weiß, damit erzähle ich niemandem etwas Neues, aber man muss sich die Konsequenz vor Augen halten:

Social Media ist immer Instrument, niemals das Ziel.

Streng genommen kann es auch keine Social Media Strategie geben. Gemeint ist nämlich immer die Frage, wie Social Media genutzt wird, um ein bestimmtes Kommunikations- oder Unternehmensziel zu erreichen. Nur dann lassen sich zum Beispiel schlüssige Antworten geben, welche Plattformen überhaupt genutzt werden sollen.

Das Besondere an Social Media ist nicht die Tatsache, dass Unternehmen damit selbst zum Medium werden. Das gab’s bei klassischem Corporate Publishing schon längst. Es ist vielmehr der Aspekt der sozialen, sprich: gesellschaftlichen Kommunikation. Hier geht es um Dialog und nicht um Informationsverbreitung. Hier geht es um Emotionen und vor allem: Es geht um Vertrauen, “die essenzielle Basis jeder ökonomischen Beziehung“, wie Rolf van Dick, Professor am Institut für Psychologie der Universität Frankfurt, unlängst in der WirtschaftsWoche zitiert wurde.

Social Media ist Teil der Vertrauens-Strategie – nicht umgekehrt.

Aus diesem Blickwinkel wird auch sehr schnell klar, warum es nichts bringt, den internetaffinen Azubi oder die Assistentin damit zu beauftragen, jetzt mal eben Facebook “mitzumachen”. Vertrauensaufbau ist angesichts des gesellschaftlichen und digitalen Wandels eine der zentralen strategischen Herausforderungen für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens.

Die Unternehmenskommunikation muss ihrer strategischen Rolle gerecht werden
und sollte sich nicht am Marketing orientieren

Die Meinung von Richard Edelman hat Gewicht in der Kommunikationsbranche. Und so kann man nur hoffen, dass die Rede anlässlich seiner Berufung in die „Hall of Fame“ der Arthur Page Society am 21. September viel Nachhall findet. Denn Edelmans recht banal klingende Forderung, aus dem Begriff „Marketing Communications“ die Bezeichnung „Communications Marketing“ zu machen und als PR endlich auf Augenhöhe zur Marketingabteilung wahrgenommen zu werden, verdeutlicht die Identitätskrise, in der sich unsere Branche derzeit befindet.

Dazu passt auch der Hilferuf, den Petra Sammer im Sommer aus der Jurysitzung der diesjährigen Cannes Löwen in der Kategorie Public Relations geschickt hatte, angesichts der zahlreichen Belanglosigkeiten, die dort zur Beurteilung eingereicht worden waren. Trotz ihrer Rolle als Chief Creative Officer von Ketchum Pleon in München beklagte sie nicht mangelnde Kreativität in der Ausführung, sondern die fehlende strategische Relevanz vieler eingereichter Projekte, die lediglich „als Anhängsel einer Werbekampagne daherkommen.“ Aus diesem Grund habe sich die Jury ernsthaft die Frage gestellt: „Was ist eigentlich PR?“

Eine gute Frage, redet doch die ganze Fachwelt mittlerweile von Content Marketing und der Erkenntnis, dass die Grenzen zwischen den Disziplinen endgültig verschwimmen. Gutes #Storytelling gilt mittlerweile über alle Kommunikationsbereiche hinweg als unabdingbare Voraussetzung, damit Marken und ihre Botschaften ihre Zielgruppen erreichen, mitreißen, involvieren. Und der Ruf nach journalistischen Kompetenzen ist mittlerweile fast genauso laut wie der nach kreativen Ideen. Wächst da endlich zusammen, was schon lange zusammengehört?

Wie auch immer, viele aktuelle Beispiele zeigen, was passiert, wenn sich die Disziplin Unternehmenskommunikation damit begnügt, sich sang- und klanglos den Marketingabteilungen und Werbestrategien unterzuordnen. Vielleicht ist es die Hoffnung, künftig ein größeres Stück vom üppigen Werbebudgetkuchen abzubekommen. Dass die Kommunikation damit aber Gefahr läuft, sich als strategische Funktion eines Unternehmens systematisch in die Bedeutungslosigkeit zu manövrieren, scheinen viele offensichtlich zu übersehen.

Bestandteil der Unternehmensstrategie

Und das in einer Zeit, in der Reputationskrisen und eine sich radikal verändernde Kommunikationslandschaft die einmalige Chance bieten, eine Neuordnung in der Aufteilung sich vermischender Kommunikationsdisziplinen vorzunehmen und die Unternehmenskommunikation dort zu verorten, wo sie hingehört: Ganz weit oben in der Unternehmenshierarchie und als integraler Bestandteil einer auf Reputation und Vertrauen ausgerichteten Unternehmensstrategie.

Fast wie ein Geschenk auf dem Silbertablett sind die gesellschaftlichen Veränderungen, mit denen die Unternehmen heute konfrontiert sind: Verbraucher haben ganz andere Anforderungen an Glaubwürdigkeit und Transparenz und werden nicht müde, diese über Social Media-Kanäle zu artikulieren. Das Internet gibt Interessengruppen machtvolle Instrumente in die Hand, um Druck auf missliebige Unternehmen auszuüben. Sie stellen eine massive Bedrohung des wohl wichtigsten und zugleich vergänglichsten immateriellen Wertes eines Unternehmens oder einer Marke dar: des guten Rufs. Dagegen helfen keine kreativen Werbekampagnen, vielmehr sind hier mehr denn je die auf langfristigen Vertrauensaufbau ausgerichteten Disziplinen der Kommunikation gefragt.

Selbst die CEOs großer Unternehmen haben die immense Bedeutung von Reputation erkannt und folgerichtig in einer Deloitte Studie im vergangenen Jahr Reputationskrisen als die größte Bedrohung für den Unternehmenserfolg identifiziert. Richtig so!

Vertrauen ist Grundlage und Schlüssel zu einem langfristigen Unternehmenserfolg, wichtiger als jede noch so gut inszenierte kurzfristige Marketingmaßnahme. Kaum eine Studie, die diese Erkenntnis in jüngster Vergangenheit nicht untermauert hätte. Nicht zuletzt deswegen kommt Edelman in seinem diesjährigen Trust-Barometer zu dem Ergebnis, dass aus dem Chief Executive Officer künftig ein Chief Engagement Officer werden muss.

Kommunikation für CEOs kein strategischer Partner

Doch so erfreulich diese Erkenntnis einerseits ist, so ernüchternd ist sie andererseits, denn sie zeigt, dass die Kommunikationsverantwortlichen in den Unternehmen dazu offensichtlich wenig beizutragen haben. Diese Meinung haben auch, wissenschaftlich untersucht und verbrieft, die CEOs selbst: In einer gemeinsamen Studie von Universität Leipzig und Humboldt-Universität Berlin in Kooperation mit dem F.A.Z.-Institut und der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation zur „Unternehmenskommunikation aus der Perspektive des Top-Managements“ sehen die Unternehmenslenker nämlich die Hauptverantwortung und die größten Erfolge für eine wirkungsvolle Kommunikationsarbeit bei sich selbst und nicht etwa bei der Kommunikationsabteilung.

Seit genau einem Jahr liegen die Ergebnisse dieser Studie nun auf dem Tisch. Die Autorin Muschda Sherzada wurde 2013 vom Bundesverband deutscher Pressesprecher dafür sogar mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet. Doch passiert ist in der Folge: nichts. Keine Diskussion zum Berufsbild, keine Auseinandersetzung über mögliche Defizite in der Verknüpfung von Kommunikations- und Unternehmensstrategien.

Wann fangen wir endlich an, die vor uns liegenden Chancen zu ergreifen und die strategische Rolle der Kommunikation und der Kommunikationsabteilungen in Unternehmen neu zu definieren? Und vor allem: dafür auch zu kämpfen? Beharrlich fordert Microsoft Kommunikationschef Thomas Mickeleit, dass die Kommunikatoren den einheitlichen Auftritt eines Unternehmens über alle Zielgruppen und Kanäle hinweg orchestrieren müssen.

Doch die eigentliche und spannende Chance liegt für die Unternehmenskommunikation nun darin, nicht nur die Hoheit über die Koordination der Themen zu erlangen, sondern hierfür auch die passenden Strukturen im Unternehmen zu schaffen.

Wenn es klar ist, dass Vertrauen ein schützenswertes Gut und einen wichtigen wie langfristigen Beitrag zum Unternehmenserfolg darstellt, dann dürfen Marketingabteilungen nicht einfach schalten und walten wie sie wollen, dann müssen Rechtsabteilungen akzeptieren, dass nicht alles legitim sein muss, nur weil es legal ist. Und dann müssen Einkaufs- und Entwicklungsabteilungen ganze Prozesse verändern, um die von Stakeholdern geforderte Transparenz herzustellen. Und bei wem sollten die Fäden zusammenlaufen, wenn nicht in einer starken Kommunikationsabteilung, die das Mandat hat, über das Vertrauen des Unternehmens zu wachen?

Diese Rolle wird aber niemandem freiwillig offeriert: Kein Bereich wird Verantwortung abgeben wollen und sich auf zusätzliche Abstimmungsschleifen mit der Kommunikation einlassen. Und auch die CEOs selbst sind schlechte Verbündete, wie die Top-Entscheider Studie offenbart: Nur 35% der Befragten haben überhaupt ein Interesse, dass die Kommunikationsabteilung eine stärkere strategische Rolle im Unternehmen einnimmt.

Kommunikatoren gehören meist nicht zum Top-Führungskreis

Hilfreich wäre jetzt ein Debatte, geführt von Wissenschaft und Berufsverbänden, über den notwendigen Beitrag einer strategisch aufgestellten und einflussreichen Kommunikationsabteilung, um mit den aktuellen und künftigen Reputationsherausforderungen umzugehen. Hier geht es nicht nur um Inhalte, hier geht in erster Linie um Strukturen, Prozesse, Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen. Und es geht um die Qualifikationen, die notwendig sind, um so eine Rolle adäquat auszufüllen.

Es gibt keinen Grund, warum der Kommunikationschef nicht entscheidenden Einfluss haben sollte, wenn es um die Absegnung einer Marketingkampagne gehen sollte. Grabenkämpfe mit dem Marketing um die Verteilung von Budgets sind unnötig, denn am Ende geht es nicht darum, wer das Geld verwaltet, sondern wer über den Einsatz das letzte Wort hat. Undenkbar? Falsch, denn auch die Juristen haben es geschafft, sich qua ihrer Funktion einen derartigen Einfluss zu sichern.

Kein CEO stammt aus der Unternehmenskommunikation

Dass der Weg lange und steinig sein wird, zeigt ein Blick in der Lebensläufe der gegenwärtigen Dax 30-Vorstände: Von rund 200 Personen hat nicht einmal eine Handvoll im Laufe der beruflichen Laufbahn eine Station in einer Kommunikationsabteilung absolviert. Von den CEOs – in der Regel für Unternehmenskommunikation verantwortlich – kein einziger. Auch das verdeutlicht, welche Rolle die Kommunikatoren gegenwärtig als mögliche Kandidaten für eine Position im Top-Management einnehmen bzw. nicht einnehmen.

Groß war Mitte der 90er Jahre die Begeisterung, als Klaus Kocks bei VW zum ersten Kommunikationsvorstand eines deutschen DAX Unternehmens berufen wurde. Vom Beginn einer neuen Ära war damals die Rede. Doch was ist davon übriggeblieben? Wann haben wir zum letzten Mal gehört, dass ein hochrangiger Kommunikator in den Vorstand eines Konzerns berufen wurde – oder noch besser: ein eigenes Vorstandsressort für Kommunikation erhalten oder sogar den Vorstandsvorsitz übernommen hat?

Schuld trägt unser Berufsstand im Wesentlichen selbst: Denn es ist bequem, sich auf seine Spezialistenrolle zurückzuziehen, abseits der relevanten Unternehmenskennzahlen und des Erwartungsdrucks, unter dem gerade operative Abteilungen stehen. Gefordert ist die tiefe Kenntnis betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge, das Verständnis der Kennzahlen und die Bereitschaft, sich als unternehmerisch denkender Ansprechpartner einzubringen und vor allem: zu positionieren. Das gelingt nicht, wenn der Kommunikator lediglich im Schatten des CEOs auftritt und, so es einen Wechsel im Vorstandsvorsitz gibt, meist gleich mit weggespült wird.

Kommunikatoren als CEOs prädestiniert

Den Personalern ist es in jüngerer Vergangenheit sehr gut gelungen, sich einen festen Platz in den Vorstandsetagen zu erarbeiten. Davon können wir lernen. Und warum sollten das nicht auch die Kommunikatoren schaffen? Die gute Nachricht: Das Vorstandsressort dafür gibt es längst. Denn eigentlich gibt es keinen Grund, warum der Weg eines CEOs nicht standardmäßig über die Station in der Kommunikationsabteilung laufen sollte.

Dort befindet sich das intellektuelle Epizentrum des Unternehmens und nirgendwo sonst denkt man so in großen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen, die für das erfolgreiche Führen eines Unternehmens so entscheidend geworden sind. Genau darüber sollten wir uns unterhalten, wenn sich wieder einmal die Frage stellt, was PR eigentlich ist. Nicht weniger. Und: Eine solche Diskussion gehört dann nach Davos, nicht nur nach Cannes.

Angst vorm Shitstorm? Wie Sie Internet und Social Media richtig und erfolgreich nutzen
Workshop mit Matthias Biebl
Mittwoch, 8. Oktober 2014
12:20 Uhr – 13:00 Uhr
Wirtschaftsmesse Hannover
HDI-Arena, Pressekonferenzraum, UG

Haben Sie Angst vor Shitstorms? Sollte man als Unternehmen lieber die Finger von Facebook & Co. lassen oder lohnen sich Aufwand und Risiko? Es hat sich längst gezeigt, dass Soziale Netzwerke nicht als billige Absatzkanäle für Unternehmen taugen. Sie können aber ein effizientes Instrument sein, um mit einem authentischen Auftritt Kunden wie Mitarbeiter zu gewinnen, zu begeistern und an das Unternehmen zu binden. Damit das jedoch gelingt, gilt es die besonderen Spielregeln für glaubwürdige Kommunikation auf diesen Plattformen zu verstehen und zu beachten.

Anhand aktueller Beispiele sowie eigener Erfahrungen als Kommunikationsverantwortlicher großer Markenunternehmen wird rlvnt® Geschäftsführer Matthias Biebl hilfreiche Anregungen für die erfolgreiche Nutzung sozialer Netzwerke geben. Es erwarten Sie weder fachchinesisch noch technische Details – dieser Workshop widmet sich der strategischen Frage, warum sich ein Unternehmen mit Social Media auseinandersetzen sollte und welche grundsätzlichen Punkte es dabei zu beachten gilt.

ACHTUNG: Wollen Sie am Workshop sowie der Wirtschaftsmesse Hannover teilnehmen? Hier können Sie sich kostenlos anmelden.

#Content-Strategy und vernetztes #Storytelling, damit setzen sich nicht nur immer mehr Unternehmen und Kommunikationsagenturen auseinander, auch die Medien und einschlägigen TV-Formate befassen sich intensiv damit, wie sich durch die geschickte Kombination der verschiedenen Kanäle Reichweiten steigern und die Themen erfolgreich verlängern lassen. Bei einer Podiumsdiskussion, die ich im Rahmen der 2. Tagung CSR-Management der Deutschen Presseakademie mit WDR-Redakteur Detlef Fintz führen durfte, gestand der Markencheck-Erfinder ein, dass man beim Markencheck noch Nachholbedarf in Sachen Social Media habe. Fintz kündigte aber an, diesem Thema künftig größere Aufmerksamkeit schenken zu wollen: “Hier können wir von RTL und dem Team Wallraff etwas lernen.”

Bereits seit Dezember 2012 verfügt der Markencheck über eine eigene Facebook-Seite, die aktuell aber gerade einmal 4.300 Fans zählt. Wenig beeindruckend angesichts der Zuschauerzahlen jenseits der 5 Millionen, die einzelne Sendungen der Staffel erzielt haben. Auf der Facebook-Seite tut sich aber einiges: Gegenstand der regelmäßigen Posts sind nicht nur die Arbeit der Redaktion, Reaktionen auf die Beiträge oder untersuchten Firmen. Es werden auch verbraucherrelevante Meldungen zu anderen Unternehmen veröffentlicht, z.B. die aktuelle Kritik an den Arbeitsbedingungen bei Primark, und User dabei zur Kommentierung animiert. Die Redaktion ist also drauf und dran, den Markencheck auf Facebook als Marke für verbraucherrelevante Meldungen zu Unternehmen zu positionieren.

Ein wenig neidisch wird die Online-Redaktion des WDR dennoch auf die Facebook-Seite des Team Wallraff blicken, die mit aktuell 67.600 Fans rund die 15-fache Reichweite erzielt und es anderen Magazin-Redaktionen derzeit vormacht, wie erfolgreiches Storytelling funktioniert: Reaktionen und Updates zu den einzelnen Themen werden gepostet, außerdem neue Beiträge im “Undercover-Blog” auf der Website von RTL geteasert. In einer Analyse kurz nach Ende der aktuellen Team Wallraff-Staffel resümiert der Kölner Sender den Erfolg bei der digitalen Verlängerung zufrieden: “Posts zu den Inhalten (Zalando, Burger King, Altenpflege, Security) lösten insgesamt 164.000 Facebook-Aktivitäten auf den Fan-Sites der Mediengruppe RTL Deutschland aus (Likes, Shares, Kommentare). Damit hatten mehrere Millionen Facebook User Zugang zu den Informationen und den sendungsverlängernden digitalen Angeboten bei RTL.de und dem Second Screen Angebot RTL Inside.”

Unternehmen müssen sich darauf einstellen

Medien entdecken Storytelling. Eigentlich banal, denn das ist ja journalistische Kernaufgabe. Aber wenn es sich dabei um kritische Berichte zu Unternehmen handelt, dürfen diese die Dynamik nicht unterschätzen, die von den “Sendungsverlängernden digitalen Angeboten” ausgeht. Wer heute einfach abwartet, ob einer negativer Bericht zu weiteren Reaktionen führt, agiert blauäugig und fahrlässig. Die Sender sorgen schon selbst für den #Shitstorm auf der Facebook-Seite des Unternehmens – das gibt die Chance, die Geschichte weiterzuerzählen.

Ob es beim Markencheck so weit kommen wird, ist fraglich. Detlef Fintz hat angekündigt, dass sich der WDR für die neue Staffel des Markenchecks deutlich mehr Zeit für die fundierte Recherche nehmen wird. Wie in der Vergangenheit, sollen die betroffenen Unternehmen aber von Anfang an informiert sein. Nach der erfolgreichen Staffel des Team Wallraff bei RTL ist aber sicher davon auszugehen, dass auch der Markencheck in Zukunft noch kritischer werden wird. Dennoch, so Fintz, gehe man immer absolut ergebnisoffen an die einzelnen Folgen sowie Tests heran. Wann die neuen Folgen zu sehen sein werden und welche Unternehmen untersucht werden, hat er leider noch nicht verraten.

Foto: Laurin Schmid