Schlagwortarchiv für: Management

Besser hätte der Kommunikationskongress gar nicht beginnen können: Mit EnBW-Chef Frank Mastiaux tritt der CEO eines namhaften deutschen Unternehmens auf die Bühne, der in seiner Eröffnungs-Keynote betont, dass Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg des erfolgreichen Wandlungsprozess seines Unternehmens war. Ebenso, wie das gute und enge Vertrauensverhältnis zu seinem Kommunikationschef. Bäng, das war ein starker Auftakt und das seltene Bekenntnis eines Vertreters aus der obersten Chefetage, das unserem Selbstverständnis entspricht.

Doch so groß die Begeisterung über Mastiaux’ Vortrag auch war, so wenig ist es uns gelungen, daraus einen Impuls für den Rest der Veranstaltung mitzunehmen. Dies liegt in erster Linie am Format des Kommunikationskongresses selbst, der starr einer vorbereiteten Agenda folgt und noch nicht einmal ein wirkliches Resümee vorsieht. Daran ändern leider auch neue Formate wie die Comms Safari zu spannenden Orten in Berlin nichts.

So ging es in darauffolgenden Diskussionen, Workshops, Best Practice-Präsentationen und Impulsvorträgen im wesentlichen um die wichtige Frage, was relevante (so das diesjährige Leitthema) Kommunikation heute ausmacht. Jedoch blieb die mindestens ebenso spannende Frage weitgehend unbeantwortet, wie es in Unternehmen ohne einen Frank Mastiaux gelingen kann, als Kommunikationsabteilung den Stellenwert zu erreichen, den sie verdient.

Die #PR muss zum #Influencer im eigenen Unternehmen werden.

Gleich mehrfach und aus unterschiedlichen Perspektiven wurde das Thema Influencer Relations behandelt – wie es aber gelingen kann, dass die Kommunikationsabteilung selbst zu einem Influencer im eigenen Unternehmen wird, blieb als Thema außen vor. Und hier geht es um weit mehr, als das gerne diskutierte Verhältnis zwischen Marketing- und Kommunikations-Abteilung.

Machen wir uns nichts vor: Spätestens, wenn es Meinungsverschiedenheiten mit den Juristen im Haus gibt, verlieren die Empfehlungen aus der Kommunikationsabteilung schnell ihre Bedeutung. Sollen Medienanfragen aus Rücksicht auf ein laufendes oder drohendes Gerichtsverfahren mit ‚Kein Kommentar’ beantwortet werden, obwohl eine offene Kommunikation in diesem Moment Vertrauen aufbauen würde? Ist es richtig, bei Produktentwicklung und -beschreibung aus Kostengründen sämtliche rechtlichen Spielräume auszureizen, selbst wenn dies unter kritischen Gesichtspunkten als Verbrauchertäuschung ausgelegt werden könnte? Sollen die Rechte des Unternehmens mit allen Mitteln gegen eine vermeintlich schwächere Partei durchgesetzt werden?

Gerade angesichts neuer Möglichkeiten und Spielregeln in digitalen und sozialen Kommunikationsräumen sowie gestiegener Einflussmöglichkeiten von Verbrauchern und Stakeholdern haben Reputationsrisiken heute eine entscheidende Bedeutung für Unternehmen. Das haben CEOs bereits 2014 in einer von Deloitte durchgeführten Studie zu Protokoll gegeben. Zu einer gravierenden Veränderung in der strategischen Rolle der Unternehmenskommunikation hat dies jedoch nicht geführt.

#Kommunikation ist Teil der strategischen Unternehmensführung.

Die Chancen für die Kommunikationsverantwortlichen, mehr Einfluss auf strategische Unternehmensentscheidungen zu nehmen, waren noch nie so groß wie heute. Oder sich sogar – ebenso wie die Personalchefs vor einigen Jahren – einen Platz in den Vorstandsetagen und Geschäftsleitungen zu erarbeiten.

Das bedeutet aber, die eigene Presseabteilungsnische zu verlassen, Position zu beziehen und gegebenenfalls auf Konfrontation zu gehen. Niemand wird der Kommunikation freiwillig mehr Verantwortung im Unternehmen geben, denn das bedeutet, diese anderswo wegzunehmen.

Die fachliche Diskussion und der argumentative Rückenwind hierfür müssen jedoch vom Verband und der Branche insgesamt ausgehen. Diese müssen den Führungsanspruch formulieren, Argumente liefern und in eine breitere Öffentlichkeit tragen. Der Kommunikationskongress hätte ein idealer und vor allem relevanter Ausgangspunkt sein können. Noch ist es aber nicht zu spät, damit zu beginnen.

 

In eigener Sache:

Dass ein solcher Schritt gelingen kann, habe ich selbst damals in meiner Rolle als Mitglied der Geschäftsleitung bei Danone erleben dürfen: In meiner Verantwortung lagen die Unternehmensbereiche Kommunikation, Nachhaltigkeit, Qualität und Recht – und damit Ressorts, die eine wesentliche strategische Bedeutung für Ansehen und Reputation des Unternehmens haben.

In meiner Keynote anlässlich des ersten Forums der Public Relations Studierenden Hannover (PRSH e.V.) habe ich gefordert, dass Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen künftig mehr Verantwortung übernehmen und reputationsrelevante Prozesse von Anfang an mitgestalten müssen. Dies geht weit über kommunikative Themen hinaus und bedeutet letztlich eine weitreichende Managementaufgabe über Abteilungsgrenzen hinweg.

Natürlich stellt sich sofort die Frage, wie es dem PR-Chef überhaupt gelingen kann, so eine Rolle zu erhalten. Zwar haben die CEOs großer Unternehmen laut einer kürzlich veröffentlichen Deloitte-Studie Reputationsrisiken als die größten Gefahren für den Unternehmenserfolg erkannt. Man kann aber von Glück reden, wenn daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden und die Kommunikationsabteilung das Mandat erhält, über die Reputation eines Unternehmens zu wachen.

Vorweg: Ein generelles Rezept hierfür gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind Strukturen, Aufgabenbereiche und kulturelle Gegebenheiten. Aus eigener Erfahrung, zuletzt in einer übergeordneten Managementfunktion mit Verantwortung für die Bereiche Kommunikation, Qualitätsmanagement, Nachhaltigkeit und Recht bei Danone, kann ich jedoch ein paar Ratschläge geben, wie sich PR-Leute innerhalb ihrer Organisation erfolgreich positionieren und vernetzen können.

Der wichtigste und zugleich schwierigste Schritt ist es, innerhalb der eigenen Organisation die Rolle des Spezialisten für Pressearbeit zu verlassen und als unternehmerisch denkender Manager mit dem Fokus auf Vertrauen und Reputation wahrgenommen zu werden.

1. Lernen Sie Ihre Organisation zu verstehen

Um auf Augenhöhe mitreden zu können, ist es zunächst notwendig, die wesentlichen (betriebswirtschaftlichen) Kennzahlen und Prozesse des Unternehmens zu verstehen. Klingt banal, aber in Wahrheit ist es erschreckend, wie viele Teilnehmer von Geschäftsleitungsmeetings bei der Präsentation der monatlichen Finanzergebnisse wissend nicken, um sich in Wahrheit keine Blöße zu geben, da sie höchstens den Hauch einer Ahnung davon haben, wovon der Kollege oder die Kollegin im Detail gerade redet.

Haben Sie keine Scheu, sich alle relevanten Fakten und Zusammenhänge in Ruhe und im Detail erklären zu lassen. Aber bitte außerhalb der Geschäftsleitungsmeetings! Das gilt übrigens nicht nur für Finanzen. Sie müssen verstehen, wie und womit Ihr Unternehmen sein Geld verdient, wo die Wertschöpfung liegt.

Dabei werden Sie feststellen: Die Kolleginnen und Kollegen anderer Abteilungen fühlen sich ob Ihres Interesses geschmeichelt und wertgeschätzt – keiner wird die Frage stellen, warum Sie die Zusammenhänge nicht schon längst kennen. Außerdem sind solche Meetings hervorragend geeignet, um die persönlichen Beziehungen und Vernetzungen zu stärken.

2. Leiten Sie die Kommunikations- aus der Unternehmensstrategie ab

Sie werden mit Ihren Themen langfristig nur dann Gehör finden, wenn Sie darlegen können, dass Sie einen relevanten Beitrag zur Unternehmensstrategie und damit zum Unternehmenserfolg leisten. Legen Sie daher kurz und prägnant dar, wie Ihre Kommunikationsstrategie auf die Unternehmensstrategie einzahlt.

Ihre engsten Verbündeten hierbei werden Marktforschung und Controlling werden. Durch entsprechende Auswertung und Erweiterung meist bereits bestehender Analysen und Studien lässt sich häufig recht einfach ermitteln, welches die relevanten Reputationsfaktoren sind. So können Sie beispielsweise per Marktforschung feststellen, welchen Einfluss die Qualitätswahrnehmung auf die Kaufbereitschaft hat und aus welchen Einzelfaktoren sie sich zusammensetzt.

3. Erklären Sie, was Sie machen, und wie Sie zum Erfolg beitragen

Häufig haben Sie selbst nur eine recht vage Vorstellung davon, was andere Abteilungen machen. Warum sollte es denen umgekehrt anders gehen? Meist werden Sie als Pressestelle gesehen, die zugleich noch die Mitarbeiterschrift und vielleicht noch das Intranet verwaltet.

Suchen Sie eine Gelegenheit, der Vorstandsetage und oberen Führungsebene Ihre Strategie und deren Verknüpfung mit der Unternehmensstrategie zu erklären – zum Beispiel im Rahmen des jährlichen Budget- und Planungsprozesses. Arbeiten Sie dabei mit Kennzahlen, die Sie aus der Marktforschung abgeleitet haben.

In Zukunft setzen Sie auf die Kraft der Wiederholung, auch wenn es Sie selbst irgendwann nervt: Erklären Sie jedes mal zum Einstieg kurz Ihre Strategie und wie Sie zum Erfolg beiträgt. Nicht nur im Vorstand, sondern vor allem auch vor den Mitarbeitern Ihrer Abteilung. Die müssen diese im Schlaf beherrschen und jedem aus dem Stand erklären können, welchen Beitrag die Kommunikationsabteilung zum Unternehmenserfolg liefert. Sie werden sehen, wie schnell sich dadurch das Selbstbewusstsein der eigenen Mitarbeiter verändert.

4. Identifizieren Sie relevante Themen mit einer Hot-Spot Analyse

Sie müssen herausfinden, welche Bereiche Ihres Unternehmens besonders wichtig für die Themen Vertrauen und Reputation sind. Am besten erreichen Sie das mit einer Hot-Spot-Analyse, die die komplette Wertschöpfungskette unter die Lupe nimmt. Daraus ergeben sich die Themen, um die Sie sich kümmern müssen, weil dort Chancen oder Gefahren für die Reputation lauern.

Die notwendigen Quellen für Ihre Analyse liegen meisten bereits schon vor: Medienanalysen, Stakeholder-Mappings, Issues Reports. Und nicht vergessen: Eine laufendes Social Media Monitoring. Eine gute Übersicht über Tools und Anbieter finden Sie bei Goldbach Interactive.

5. Von informellen zu formellen Prozessen

Niemand wird freiwillig Verantwortung abgeben oder sich auf zusätzliche Abstimmungsschleifen einlassen wollen. Sie nicht und Ihre Kolleginnen und Kollegen anderer Abteilungen auch nicht. Daher hilft es gar nichts, auf Ihre Rolle als selbsternannter Reputationswächter zu pochen und andere dazu zwingen zu wollen, ihre Themen und Inhalte mit Ihnen abzustimmen.

Sollten Sie nicht über ein Mandat aus dem Vorstand verfügen – und selbst das hilft wenig, wenn die anderen nicht freiwillig mitspielen – müssen Sie einen anderen Weg wählen: Gerne wird man Ihr Angebot annehmen, andere Bereiche dabei zu unterstützen, kritische Themen für sie im Blick zu behalten.

Nutzen Sie die Ergebnisse der Hot-Spot-Analyse, um andere Abteilungsdirektoren im Vier-Augen-Gespräch auf die Relevanz des jeweiligen Bereichs für die Unternehmensreputation zu informieren. Machen Sie’s informell und vereinbaren Sie sich zu einem regelmäßigen Treffen, um Veränderungen in der Stakeholder-Landschaft und die Monitorings zu besprechen und ggf. anstehende Entscheidungen vor diesem Hintergrund gemeinsam zu diskutieren. Sie werden sehen: Es braucht Zeit, aber Ihr eigenes Investment in internes Vertrauen zahlt sich aus, und Ihr Input wird kurzfristig Entscheidungen beeinflussen.

Von da an ist es eine Frage der Zeit, wann sich die Gelegenheit ergibt, aus informellen Einzeltreffen ein regelmäßiges, formelles Meeting zu machen – bei uns hieß das Trust-Committee – das unter Ihrer Leitung anstehende Entscheidungen im Vorfeld von Vorstands- oder Geschäftsleitungsmeetings diskutiert, um dort eine abgestimmte Meinung zu präsentieren. Immer unter der Maßgabe, dass diese Entscheidungen die Reputation des Unternehmens nicht gefährden dürfen. Voilà!

Mein Fazit

Warten Sie nicht darauf, bis Sie übergreifende Verantwortung für das Reputations-Management im Unternehmen übertragen bekommen. Das wird in der Regel nicht passieren! Schaffen Sie stattdessen selbst die notwendigen Strukturen, indem Sie sich selbst und Ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg positionieren und indem Sie interne Netzwerke aufbauen.