Nur so gelingen Newsroom-Konzepte in Unternehmen

Genau acht Jahre ist es her, dass wir die Kommunikationsabteilung bei McDonald’s Deutschland umgebaut haben. Wir haben Zwischenwände entfernt, Stühle gerückt, meinen Glaskasten kurzerhand zum Meetingraum umfunktioniert. Stattdessen ein großer Tisch in der Mitte unserer Abteilung, an dem ich gemeinsam mit den Verantwortlichen der Bereiche Externe und Interne Kommunikation, Public Affairs, Kundenservice sowie des neu geschaffenen Ressorts „Digital“ Platz genommen habe. Anders, als in der „Telekom Content Factory“ von Philipp Schindera, mit festen Arbeitsplätzen, aber mit demselben Willen zur engen Zusammenarbeit. Und mit redaktionellen Abläufen, die ich selbst als Journalist bei der Tageszeitung gelernt hatte. Heute würde man Newsroom dazu sagen – wir hatten noch keine Bezeichnung dafür.

Damals haben wir eine Entwicklung vorweggenommen, mit der sich heute so gut wie jede Kommunikationsabteilung beschäftigt, die zum Content-Produzenten wird. Die Herausforderungen, die ich damals als Verantwortlicher auf Unternehmensseite erlebt habe, begegnen mir heute genauso, als Sparringspartner und Berater von Kommunikationsverantwortlichen: Der Change-Prozess in der Unternehmenskommunikation geht weit über die Frage hinaus, wie man die Kommunikationsstrategie verändert, seine Prozesse digitalisiert oder sich als Kommunikationsabteilung organisiert. Und vor allem: Er betrifft nicht nur die Kommunikationsabteilung, sondern das gesamte Unternehmen.

Guter Wille und ein Mandat des Vorstands reichen nicht aus

In der Theorie klingt alles ganz logisch und einfach: Aus der Unternehmensstrategie wird eine Kommunikationsstrategie abgeleitet. Hierzu nur noch die passenden Themen im Unternehmen finden und über die verschiedenen Kanäle an die jeweiligen Zielgruppen vermitteln. Soweit so gut, aber die Praxis sieht ganz anders aus: Denn noch immer herrscht in vielen Unternehmen ein einfaches Prinzip: Wissen ist Macht. Die Idee der Vernetzung und eines Informationsaustauschs über Abteilungsgrenzen hinweg – Grundlage für die erfolgreiche Einführung eines Newsrooms – ist im Prinzip genau das Gegenteil davon. Wie Microsoft-Kommunikationschef Thomas Mickeleit es bereits vor einiger Zeit beschrieben hat: Der Kommunikationsverantwortliche sollte die Kommunikation des Unternehmens orchestrieren. Das heißt aber auch, dass die anderen dazu bereit sind, jemandem zu folgen, der (bzw. die) den Taktstock schwingt.

Der erste Schritt ist das Mandat der Geschäftsleitung. Ohne das wird es in der Regel nichts. Wer aber meint, dass sich damit die Kooperationsbereitschaft anderer Abteilungen einfordern lässt, wird meist schnell eines Besseren belehrt: Das Ok aus der Chefetage erweist sich als schwaches Argument und schon gar nicht als Druckmittel, wenn es darum geht, andere Abteilungen “an Bord” zu holen. Kooperationsbereitschaft lässt sich nicht einfach einfordern. Vielmehr bedeutet es Überzeugungsarbeit und einen internen Stakeholderprozess, bei dem die Entscheider im Unternehmen behutsam für die Idee eines offenen Informationsaustauschs und einer koordinierten Kommunikation gewonnen werden müssen.

Orchestrieren bedeutet auch, nicht alle Instrumente selbst zu spielen

Umgekehrt bedeutet dieser Prozess auch für die Kommunikationsabteilung, ein großes Stück der eigenen „Macht“ abzugeben, nämlich über die Kommunikation selbst. Schon heute kommunizieren Unternehmen über viele Abteilungen und Schnittstellen nach außen wie innen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Mitarbeiter, die über ihre eigenen Netzwerke hervorragende Botschafter für das Unternehmen sein könnten. Bislang dürfen sie es aber nicht oder sie trauen es sich schlicht nicht zu.

Die Aufgabe eines Newsrooms ist es nicht, wie häufig falsch vermutet, Kommunikation zu zentralisieren. Im Gegenteil: Es geht vor allem darum, strategisch relevante Themen zu erkennen und aufzubereiten. Die verschiedenen Kommunikatoren eines Unternehmens vermitteln sie dann dezentral an den jeweiligen Empfänger bzw. die jeweilige Zielgruppe. Im aktuellen prmagazin spricht Philipp Schindera davon, dass Newsrooms nur eine Zwischenlösung auf dem Weg zu Content-Hubs in Unternehmen seien. Ich persönliche denke, dass es schon immer genau die Aufgabe eines Newsrooms im Unternehmen war, als Drehscheibe zu fungieren.

Wer gerade überlegt, die Kommunikation seines Unternehmens umzubauen, tut gut daran, die Verantwortlichen aus Bereichen wie Marketing, Vertrieb und Personal als erste und zugleich wichtigste Zielgruppe des Prozesses zu begreifen. Was sind deren Bedürfnisse? Wie profitieren sie von einer gemeinsamen und koordinierten Kommunikation? Und vor allem: Wie kann sie der Newsroom bei ihren eigenen Kommunikationsaufgaben unterstützen? Nur wenn es gelingt, diese Fragen zu beantworten und damit Unterstützung in der eigenen Organisation zu gewinnen, kann der Wandel hin zu einer vernetzten Kommunikation des Unternehmens gelingen. Ganz nach dem Motto: Wissen ist Macht, geteiltes Wissen aber mächtiger.

Über den Autor:

Matthias hat vor vier Jahren seine Laufbahn als Konzernsprecher an den Nagel gehängt und zusammen mit seiner Frau Katharina die Agentur rlvnt in Hannover gegründet. Jedem CEO empfiehlt er, ein paar Tage in der Kommunikationsabteilung des eigenen Unternehmens zu verbringen. Denn nur so wird klar, dass sich dort die Schnittstelle zur Gesellschaft befindet. Vielleicht auch deswegen wird die Zahl der Unternehmen beständig größer, die sich von Matthias und seinem Team in Fragen strategischer Kommunikation beraten und unterstützen lassen.